Nachhaltiger Schiffbau

Grüne Kandidaten im Gespräch mit der Meyer-Werft

Am 31. August 2021 informierten sich die Kandidatinnen der GRÜNEN für die Kommunal- und Bundestagswahlen auf der Meyer-Werft, mit welchen Visionen und Innovationen der Papenburger Schiffbau zukunftsfähig werden soll. Dass die GRÜNEN im Papenburger Wahlprogramm auf den Visionär Joseph L. Meyer Bezug nehmen, hatte für Überraschung gesorgt: „Er baute Ende des 19. Jahrhunderts erstmals Schiffe aus Stahl. Mit dem gleichen Pioniergeist kann Papenburg zu einer Keimzelle klimaneutraler Schifffahrt werden“ heißt es im Wahlkampf-Faltblatt der GRÜNEN.

Die Werftleitung nahm sich viel Zeit für ihre Gäste, zu denen mit Julian Pahlke auch der Kandidat für den Bundestag gehörte. Dr. Jan Meyer betonte das Ziel der Werft, jetzt die Weichen in Richtung Klimaneutralität zu stellen. Wie das technisch gelingen kann, wurde daraufhin im Detail erläutert und diskutiert. Dazu nahm sich Malte Poelmann aus der Geschäftsleitung viel Zeit. Bei einem Rundgang erläuterte er gemeinsam mit Hermann Lembeck (Leiter Industriemanagement) und Gijs Streppel (Engineer Sustainibility) den Anspruch der Innovationsführerschaft der Werft zur Nachhaltigkeit. Im Vordergrund steht dabei die Ausrüstung mit Brennstoffzellen, doch der Anspruch der Werft an sich selbst geht wesentlich weiter: „Nur wenn die Kreuzfahrtindustrie insgesamt nachhaltig wird, hat sie eine Zukunft“ so Streppel. „Die Corona-Krise war für uns eine Zeit, in der wir sehr grundlegend darüber nachgedacht haben, wie die Klimaziele unser unternehmerisches Handeln verändern müssen“ berichtete Malte Poelmann. Als Orientierung gelten der Werft dabei die 17 Ziele für global nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals), die die Vereinten Nationen im Jahr 2015 mit der Agenda 2030 beschlossen haben.

Petra Behnes, Kandidatin der GRÜNEN für Stadt- und Kreistag, dankte der Werftleitung dafür, dass sie so schnell und umfangreich auf die Gesprächsanfrage der GRÜNEN reagiert habe. „Es geht uns darum, ökologische und wirtschaftliche Interessen gleichwertig anzuerkennen und in Einklang zu bringen.“ Die GRÜNEN bestätigen im Gespräch, dass Deutschland nur mit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise seine internationale Position als globaler Industriestandort bewahren könne. „Deshalb steht Grüne Industriepolitik im Mittelpunkt unserer Wahlprogramme für Papenburg wie für Berlin“ so Stadtratskandidat Ralf Nehe. Es sei eine Mammut-Aufgabe für den Schiffbau, sich nahezu neu erfinden zu müssen, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. „Der globale Wettbewerb um die Technologien von morgen ist in vollem Gange. Made in Germany soll zukünftig nicht nur für Qualität, sondern noch stärker für nachhaltige und innovative Produkte und Prozesse stehen“ zitiert Günter Buss das GRÜNE Wahlprogramm. Buss kandidiert erneut für den Stadtrat und den Kreistag.

Der Bundestagskandidat Julian Pahlke betonte, dass im Rahmen des Green Deals ambitioniertere politische Vorgaben aus Brüssel zu erwarten seien, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Auf globaler Ebene kommen die Vorgaben für die Schifffahrt von der International Maritime Organization IMO, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Pahlke beklagte, dass es seitens der IMO noch keine Zulassung für Wasserstoff gebe. „Wir haben jetzt eine sichere Technik für Wasserstoff, doch die IMO ist leider ein ziemlich lahmer Haufen“ stimmte Malte Poelmann zu. Die Werft gehe mit ihren Innovationen stetig voraus, die Vorgaben kämen dann oft erst später – dass sei auch bei den LNG-Flüssiggas-Antrieben so gewesen.

Weil Brennstoffzellen einen anderen Aufbau der Deckstruktur ermöglichen, sei es gut möglich, dass künftige Schiffe weniger Tiefgang hätten, erläuterte Hermann Lembeck. In der Erläuterung des Masterplan Ems hatte Jochen Zerrahn zuvor die Maßnahmen gegen den Schlickeintrag erläutert und beklagt, dass die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen viel zu langsam verwirklicht würden.

Im Gespräch mit Dr. Jan Meyer schätzte der Politikwissenschaftler Manfred Belle den Umbruch der globalen Wirtschaft hin zur Klimaneutralität als ebenso tiefgreifend ein wie den Umbruch der Weltpolitik nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989. „Nachhaltigkeit im Schiffbau kann beim weltweiten Einsatz grüner Technologien Made in Germany eine Schlüsselrolle einnehmen. Die Meyer Werft hat beeindruckende Pläne im Kampf gegen die Klimakrise und trägt zur Sicherung Papenburgs als Industriestandorts bei“ so das Fazit der GRÜNEN nach rund drei Stunden auf der Werft. Die GRÜNEN wollen mit der Werft im Gespräch bleiben und die Werft ermunterte die GRÜNEN, Kritik und Fragen direkt an sie heranzutragen.

Die GRÜNEN wollen im Bund Anreize für mehr Investitionen durch Unternehmen setzen: Investitionen sollen besser abgeschrieben werden können. Öffentliche Investitionszuschüsse sollen gerade bei neuen Technologien eine Starthilfe geben. Im Bundestagswahlprogramm kündigen die Grünen an, Pilotanlagen für noch nicht marktreife emissionsarme Technologien besonders fördern zu wollen. Grüne Politik für Unternehmen setze auf die Verringerung bürokratischer Lasten, eine innovationsfreundliche Steuerpolitik und auf eine breitenwirksame Forschungslandschaft.

Foto: Michael Wessels

Die GRÜNEN zu Gast auf der Werft. Im Bild u.a. Dr. Jan Meyer (3.v.l.), Julian Pahlke (6.v.r.) und Malte Poelmann (2.v.l.), Petra Behnes (Mitte)

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